Quattro Allgemeinwissen :-)

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Geriet
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Quattro Allgemeinwissen :-)

#1 Beitrag von Geriet » 15. Februar 2006, 23:05

Ausschnitt aus :

DIE ZEIT 31.12.2003 Nr.2

Vier Räder für den Kongo
Als dieses Auto auf den Markt kam, galt es als Sensation. Es revolutionierte das Image einer ganzen Marke. Und versprach: Nie wieder rutschen!

Bayrisch-Kongo« nennen süddeutsche Metropolenfans das Land nördlich der Donau bei Ingolstadt. Einwohner sprechen vom Altmühltal. Norddeutsche Freunde sportlicher Kraftfahrzeuge dagegen sagen: »Aaah!« Und: »Oooh!« Und: »Uhuhuuuh!« Dann weinen sie vor Glück über all die Doppelkurven, die dreifachen und sich wunderbar eklig zuziehenden Serpentinen, die leider zugleich berüchtigte Motorradfahrerfallen sind. »Kongo«, sagt Herr Kober, »ich weine.« Der Pressesprecher der Traditionspflegeabteilung von Audi heizt mit mir im Ur-Quattro durchs Altmühltal. Der Ur-Quattro (nur Lackaffen sprechen das italienisch aus, in Wirklichkeit sagt man hart und deutsch »kwattro«) ist – laienhaft ausgedrückt – ein Auto, mit dem man so um Kurven brettern kann, dass Herrn Kober die offizielle Audi-Mütze aufs Ohr rutscht. Das liegt am Allradantrieb.

Ja, die Laien! Sie hören quietschende Reifen beim Ampelstart, sehen einen tief liegenden Boliden mit Heckspoiler und denken bei sich: Viril, viril! Wenn man Glück hat. Wahrscheinlicher ist, dass sie vor sich hin knurren: Empörend! Der hat’s wohl nötig. Proll! Wer aber drinnen sitzt im doppelauspuffenden, kraftgrollenden Geschoss, und wer nicht wegkommt, stattdessen schwarze Signaturen auf den Asphalt schreibt und unbändige Kräfte in Wärme und Quietschen verwandelt – der weiß es besser. Es geht nämlich gar nicht um Show. Statt Männlichkeit demonstriert das Ampelquietschen gerade deren Abwesenheit: Impotenz. Wer jemals nicht loskam und von Fiestas, Corsas und Polos abgehängt wurde, weil seines Autos irre Leistung zwischen Rad und Straße verdampfte, der weiß für den Rest seines Lebens: Nichts geht über Traktion, Grip, Kraftschluss. Ein Auto braucht Spoiler, selbst ansaugende Unterböden und – Allradantrieb.

Der Ur-Quattro war seinerzeit, vor 23 Jahren, das erste Auto, das erfolgreich die beim Militär beliebte Allradantriebstechnik zivilisierte. Dazu nahm man ein handelsübliches Audi Coupé und baute ihm nicht nur vorn, sondern auch hinten einen Vorderradantrieb ein. Dazwischen kam eine Stange namens Kardanwelle – und schon drehten sich alle vier Räder, wenn man Gas gab. Dazu ein Motörchen mit einer Menge PS, einen Turbolader für den Bumms, viel Signalrot, eine Schnüffelnase tief am Boden, hervorquellende Türschwellen, Mordsheckspoiler. Quer übers Rückfenster druckte man »quattro«. Heute würde man von einer konsequenten Auslegung als unseriöses Halbstarkenauto sprechen. Wer seinen guten Ruf verlieren will, steigt ein. Wer einsteigt, ist ganz verloren.

Die Sonne über Schambach lässt das Signalrot glühen. Die Lederausstattung ist fein, die Sitze umfangen mich wie – ja, es darf, es muss so ausgedrückt werden – wie Abrahams Schoß. Das Cockpit ist aufgeräumt. Die Sicht nach hinten ist eingeschränkt, aber man schaut ohnehin nur nach vorn. Der Ur-Quattro war damals, 1980 beim Genfer Automobilsalon, eine Sensation. »Revolution!«, rief der stern, einen »neuen Abschnitt der Automobilgeschichte« erkannten die Fachzeitschriften. Selbst die FAZ verlor die Bodenhaftung: »Sensation auf Rädern! Unglaublich männliches Auto!« Der Ur-Quattro bekam den Titel »Auto des Jahres« (vielleicht muss man hinzufügen: vom Playboy).

Audi! Ausgerechnet Audi, diese seltsame, aus Horch, Wanderer, DKW und NSU zusammengerührte Firma, seit 1964 unter der Fuchtel von Volkswagen! Der Hersteller von Onkelautos für Hutträger hatte einen Blick in die Zukunft geworfen. Hatte erkannt, dass vier Räder halb so leicht durchdrehen wie zwei. Nicht durchdrehende Räder aber sind gut für nasse Straßen, Schnee und Motorsport. Der Ur-Quattro, muss man heute feststellen, schrieb nicht nur Automobilgeschichte, sondern auch Audi-Geschichte. Seitdem Audi den Allradantrieb hat, heißt es nicht mehr: »Schau, was für Spießerlimousinen Audi baut!« Leute wie Herbert von Karajan, Henri Nannen, Reinhold Messner und Bernd Schuster fanden: Alle Achtung! Vorsprung durch Technik! Sogar Franz Josef Strauß prügelte nach Feierabend einen Quattro durch die Alpen.

Heute ist fast jeder dritte Audi allradgetrieben. Allrad bieten mittlerweile fast alle Hersteller an. Nur »quattro« dürfen sie nicht sagen. Audi hat sich nämlich den Namen Quattro schnell patentrechtlich schützen lassen, was dazu führte, dass die Italiener heute kein Wort mehr für die Zahl vier haben. Die Konkurrenz musste ihre Allradvehikel 4matic, 4wd, 4x4 oder synchro nennen. Ganz eilig mit dem neuen Antrieb hatte es übrigens Porsche, weil Porsche-Fahrer an der Ampel von Quattro-Fahrern nass gemacht wurden. Nassmachen ist bekanntlich eine sehr wichtige Qualität von Kraftfahrzeugen, die zentrale Kategorie in Vergleichstests.
DIE ZEIT 31.12.2003 Nr.2

TEIL 2
Herr Kober und ich machen bei unserer Reise durchs Altmühltal alle nass. In einem Auto, das sich lustvoll in den Asphalt beißt und bei Bedarf 200 Pferde wiehern lässt, stören Hindernisse wie andere Verkehrsteilnehmer überhaupt nicht. Sie sind eine willkommene Herausforderung für den ausgeschlafenen Fahrer. Herr Kober weist auf Burgen hin, auf den Limes, auf ein Städtchen, das Klein-Venedig genannt wird. Ich habe nur Augen für den mutmaßlichen Scheitelpunkt der nächsten Kurve.

Doch es gibt während unserer kleinen Reise auch ein paar ruhige Sekunden: auf der langen Geraden vor Kehlheim. Ich blicke mich mal im Innenraum um. Ich stelle fest, dass ich eigentlich nichts feststelle. Alles hier drin ist vertraut. Diese Vertrautheit beruht auf Defiziten. Es fehlen die tausend Anzeigeinstrumente und Knöpfe, die man heute so hat. Es fehlen diese überfrachteten Multifunktionshebel am Lenkrad. Dafür ist das Lenkrad selbst hübsch filigran. Der Ur-Quattro fährt noch ohne einen, sich jeder Designanstrengung widersetzenden Fahrer-Airbag. Neumodischer Schnickschnack ist rar: Bordcomputer (Verbrauch etwa 11 Liter auf 100 Kilometer, nicht übel); die Seitenscheiben bewegen sich elektrisch; die Geschwindigkeit liest man digital ab auf einem Instrument, das Herr Kober »Mäusekino« nennt. Das ist sofort vergeben und vergessen, als ich den Blinker betätige. Heute gibt es nur noch dieses von Akustikdesignern optimierte, auf einem Chip gespeicherte Ticken. Beim Ur-Quattro tickt noch ein elektromechanisches Blinkerrelais! Verglichen mit den aktuellen Computern auf Rädern, ist der Ur-Quattro veraltet. Freunde veralteter Autos würden sagen: Er hat alles, was man braucht.

Alt sieht er nur auf der A93 aus. Wir wollen noch rasch nach Regensburg, wo mir Herr Kober eine gutbürgerliche Gaststätte mit Klosterbierausschank zeigen will. Auf der Autobahn fragt niemand nach Kurvenlage und Traktion. Was zählt, ist Topspeed, und da hat sich in 23 Jahren viel getan. Heute legen sich schon Polos mit uns an. Miese Mittelklasseschüsseln sind nicht abzuschütteln, wir erleben zahlreiche Demütigungen. Nein, die Autobahn ist nicht unsere Welt. Ebenso wenig der Stau in der City von Regensburg oder der Parkplatz beim Wirtshaus mit gebührenpflichtiger Verwarnung. Außerdem hat Herr Kober in der Stadt Angst vor Kratzern. Das Auto war schließlich mal teurer als ein Porsche!

Kein Zweifel: Der Ur-Quattro ist ein Kongo-Auto. Schnell verlassen wir Regensburg wieder. Mit dem einzig virilen Ampelstart: Gas – und weg!

Andreas

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#2 Beitrag von Andreas » 16. Februar 2006, 00:56

Ein sehr schöner Artikel!

Vielen Dank fürs Online stellen

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#3 Beitrag von audiquattrofan » 17. Februar 2006, 01:18

Servus

Meines Wissen ist der Urquattro vor dem Audi Coupe gekommen oder liege ich da falsch?

Aber echt toller Bericht!

mfg
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#4 Beitrag von ZUM » 17. Februar 2006, 07:21

audiquattrofan hat geschrieben:Meines Wissen ist der Urquattro vor dem Audi Coupe gekommen oder liege ich da falsch?
Da liegst Du nicht falsch. Aber trotzdem stammt der Uri in den Grundzügen vom Coupé ab, nur wurde er früher vorgestellt.

Gruss Markus
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#5 Beitrag von audiquattrofan » 19. Februar 2006, 14:10

ZUM hat geschrieben:Aber trotzdem stammt der Uri in den Grundzügen vom Coupé ab, nur wurde er früher vorgestellt


Servus

Ja das stimmt.

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#6 Beitrag von luckyloser » 4. Mai 2008, 16:02

oh gott, das hab ich ja jetzt erst endeckt, riesen dankeschön fürs reinstellen!!
SAUGEIL geschrieben, genau deshalb fahre ich nen quattro,

"Wer seinen guten Ruf verlieren will, steigt ein. Wer einsteigt, ist ganz verloren."

besser kann man es nicht beschreiben!
oh gott ist das abartig wie ich diesem auto verfallen bin...

bin ich noch zu heilen?

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#7 Beitrag von ZUM » 4. Mai 2008, 17:09

luckyloser hat geschrieben:
bin ich noch zu heilen?
Du so wenig, wie wir alle auch nicht mehr zu heilen sind...


Gruss Markus
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#8 Beitrag von Buenni » 4. Mai 2008, 20:19

Meins zum "KWATTRO" !
Kurz und bündig !

Als stählender Zeitzeuge einer ruhmreichen Vergangenheit, mehr noch als automobile Rarität darf dieser Audi quattro heute gelten.
Nur 11452 Stück seiner Art sind überhaupt gebaut worden. Audis Urquattro, der legendäre Sportler mit dem sagenumwogenden Fünf-Zylinder.
2.1 Liter Hubraum reichen dem turboaufgeladenem Audi zweihundert und mehr PS locker zu machen. Mit seinem ausgeprägtem Talent zur Bodenhaftung erlangt er Anfang der 80 iger Jahre so ziemlich alle Siege die es im Rallyesport überhaupt zu holen gibt. Es waren die legendären Zeiten der Rallye WM mit der Dominanz des Audi quattro.
Quattro - Powerphilosophie im Extrembereich, giftig und maßlos und Traktion ohne Ende.
Erinnerungen an glorreiche Tage der Sportlegende aus Ingolstadt, an seine schlichten Formen, an seine reine Funktionalität.
Sportlicher Charakter, Komfort und Sicherheit nennt man sowas in gewohnter Quattrobescheidenheit. Technische Details Marke quattro, alles andere als Selbstzweck, immer nur Funktionalität.
Spielereien erlaubt sich ein Audi quattro einfach nicht. Das Potenzial dieses Autos imponiert heute noch, und sein unvergessener Klang verleiht dem Nachdruck. Sieben Sekunden bis zur 100 Km/h Marke, und weiter bis 220.
Glückliche Menschen also die den Urquattro lenken durften und dürfen.
In so einem High End Auto sitzen zu dürfen läßt einen Teilhaben am Glanz des Erfolges, am Glanz der Vergangenheit. Kraft und Temperament sind zähmbar geworden, durch die Allradtechnologie "quattro". Schlechte Straßen gibt es für solche Autos nicht, nur noch Herausforderung. So ein quattro verspricht zügiste Fahrt, in fast allen Situationen und Lebenslagen. Das nimmt er wörtlich, und ich auch !

"DERBUENNI"

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